RAUM 2

1 – “SAN LEO”

Die Geschichte von San Leo ist mit jener von San Marino verbunden. Es ist die Geschichte von zwei Steinmetzen, die von Dalmatien aus übers Meer hierher gelangt waren. Das Werk Vita Sanctorum Marini et Leoni erzählt, dass gegen 297 D.C. ein Edikt der Kaiser Diokletian und Maximianus anbefohlen hatte, die von illyrischen Piraten zerstörten Festigungsmauern von Rimini neu zu errichten. Aus allen Gebieten des Reiches kamen Meister herbei, unter ihnen auch Leone und Marino, die damit beauftragt wurden, auf dem Berg Titano Steine zu schlagen. Als inbrünstige Christen arbeiteten sie und evangelisierten sie. Nach drei Jahren begab sich Leone mit wenigen Begleitern auf den Weg zum Monte Feliciano, Montefeltro genannt. Hier ließ er sich nieder, errichtete eine Zelle für sich und widmete der Jungfrau Assunta eine Kapelle, genau an der Stelle, wo heute die Pfarrkirche steht. Er trug zur Verbreitung des Christentums in der Region bei. Es waren die Jahre, als sich die arianische Häresie sich ausbreitete und der 346 nach Rimini gekommene Bischof Gaudenzo erkannte das enorme von Marino (der sich in der Zwischenzeit auf dem Monte Titano niedergelassen hatte) und Leone vollbrachte Evangelisierungswerk, berief sie nach Rimini und weihte den Ersten zum Diakon und den Zweiten zum Priester. Leone, dessen Namen man im Lauf der Zeit auf Leo abkürzte war bis zu seinem Tod 366 Bischof vom Montefeltro. Sein Leichnam wurde in einem Steinsarg aufbewahrt, von dem heute nur noch der Sargdeckel übriggeblieben ist, der sich im derzeitigen, ihm gewidmeten Dom befindet. Seine Reliquien wiederum sind in der Kirche vom Heiligen Stefan in Voghenza bei Ferrara. Kaiser Heinrich II hatte sie 1016 vom Papst als Gabe erhalten und wollte sie nach Deutschland bringen, war jedoch gezwungen, sie hier zurückzulassen, da es nicht möglich war, die den Wagen mit den Reliquien transportierenden Tiere weiterzubewegen, was als Zeichen des Himmels ausgelegt wurde.

2 – “SAN FRANCESCO”

Es ist das Jahr 1228 als Papst Gregorius IX Franziskus zum Heiligen proklamiert und Tommaso da Celano damit beauftragt, seine Biographie zu schreiben, eine grundlegende franziskanische Quelle, zusammen mit dem Werk der Fioretti und den Schriften von Bonaventura da Bagnoregio. 1181 oder vielleicht 82 in Assisi geboren, aufgewachsen beim Vater Pietro di Bernardone in Reichtum und Luxus, nimmt er schon bald von diesem Leben Abstand. Bewegt von der Armut anderer, verlässt er das Vaterhaus, um alles zu verkaufen und den Erlös den Armen zu schenken. Der Vater verlangt die Rückgabe aller Güter und Franziskus trennt sich frohsinnig von allem. Als Emblem des Reisenden und “Bräutigam” der Armut, beginnt er zu reisen und zu predigen, in Begleitung der ersten Anhänger, die ihm gefolgt sind und deren Anzahl ständig wächst. Für sie schreibt Franziskus eine erste Regel, mündlich bewilligt von Innozenz III und bestätigt mit der Bulle des Jahres 1223 von Honorius III. Im Jahr 1219 ist er in Ägypten, wird dort wohlwollend vom  Sultan Malik al-Kamil aufgenommen. Es gibt zahlreiche Ortschaften in Mittelitalien, die der unermüdliche Reisende erreicht. 1213 geht er von Spoleto in Richtung Romagna. Eines Abends trifft er in S. Leo ein. Dort wird die Investitur eines Ritters gefeiert, viele Menschen sind zusammengekommen und Franziskus verpasst die Gelegenheit nicht, mit ihnen zur reden, der Adlige Orlando Cattani hört ihm zu, ist ergriffen und beschließt, ihm den  Monte la Verna in der Toskana als Gabe zu schenken, wo Franziskus 1224 die Stigmata bekommt. Körperliche Leiden, fast bis zur Blindheit, begleiten ihn, doch er “sieht” jetzt die Ganze Schönheit der Kreation und indem er sich in die Kreaturen hineinversetzt, schreibt er den Cantico.  Die kleine Kirche der Porziuncola in Assisi, der Ort, wo sein Dialog mit Gott begonnen hatte, ist der Ort, zu dem Franziskus 1226 zurückkehren möchte, um jenen Dialog fortzusetzen, der sein Lebensinhalt ist.

3 – “DANTE”

Ein Reisender, da er aus seiner Heimat vertrieben wurde, Verbannter, Wallfahrer, dem es gelungen ist, auch diesen Umstand in eine Gelegenheit umzuwandeln, um Menschen und Geschichten kennenzulernen, zu treffen und von ihnen zu erzählen. Gerade in den Jahren seines Exils begibt sich Dante auf seine größte Reise, jene, die ihn in der Form einer Vision in die Hölle, das Fegefeuer und das Paradies führen wird. 1265 in Florenz unter dem Sternzeichen der Zwillinge geboren, als Sohn einer adeligen, wenn auch nicht sehr reichen Familie, studiert Dante Alighieri in Florenz und Bologna, lernt die Künste und das Wissen seiner Zeit kennen, in Hinsicht auf Literatur, Wissenschaften, Theologie und Philosophie. Im Alter von 18 Jahren trifft er Beatrice Portinari, die er sein ganzes Leben lang lieben wird und welcher er das aus Versen und Prosastücken bestehende Werk Vita Nova widmet. Er ist ein genialer und vielseitiger Intellektueller, setzt sich auch in der Politik ein, als Guelfe der Weißen Fraktion. 1302, während er in Rom in der Botschaft ist, wird er in Abwesenheit von der Schwarzen Fraktion, die in Florenz die Macht ergriffen hatte, zum Tode verurteilt.  Zum Exil gezwungen, wird er die großen Herren der damaligen Zeit darum bitten, ihm ihre Gastfreundschaft zu gewähren, dabei kommt er zu den Höfen von Verona, Forlì, Lunigiana. Er wird auch Gast vom Herzog Uguccione della Faggiola in Casteldelci, wo die Nähe zu San Leo begünstigend dazu beigetragen haben wird, dass er den Felsen von San Leo persönlich besichtigte und ihn im Fegefeuer erwähnt. Später wird der Weg ihn nach Verona führen und schließlich nach Ravenna, wo er 1321 an Malaria stirbt. Zwischen 1302 und 1321 schreibt er alle seine wichtigsten Werke und insbesondere Hölle, Fegefeuer und Paradies, die drei Cantiche des Poems, das er selbst als Komödie definiert und das Boccaccio mit dem Adjektiv ‘göttlich’ betitelt, eine Reise ins Jenseits, um die Welt kennenzulernen und den Weg wiederzufinden, der zur Erfüllung aller Wünsche führen kann.

4 – “CAGLIOSTRO”

In London war er schon einige Jahre zuvor gewesen, doch er kehrt dahin zurück. Es ist das Jahr 1776 und er lässt sich nunmehr Conte Alessandro di Cagliostro nennen. Ist er aber nicht Giuseppe Balsamo, geboren in Palermo 1743, der bei den Mönchen gelernt hatte und vom Kräuter-Mönch die Kräuterheilkunst erlernte? Ist er der Balsamo, der 1768 in Rom die bezaubernde Lorenza Feliciani heiratete, mit der er auf Reisen in Europa alle Arten von Betrug umsetzte? Das nimmt man an, obgleich es Stimmen gibt, die annehmen, dass es sich bei Balsamo und Cagliostro um zwei verschiedene Personen handelt. Da es diesbezüglich keine Beweise gibt, wird der Conte di Cagliostro, der nunmehr in London in die Freimaurerloge “Die Hoffnung“ aufgenommen wird, für uns weiterhin Giuseppe Balsamo sein. Als Magier, Alchimist, Heiler, durchquert er Europa von der Tenne in Berlin über Lettland nach Russland, Polen, Holland, und wird von Prinzen und Mächtigen empfangen. Er hat keine übermäßige Bildung doch einen großen Sinn für Improvisation, vielleicht auch magnetische Kräfte, und ist auf jeden Fall überzeugend und faszinierend. Er stellt die andere Seite der Aufklärung dar: nicht die Erhellung der Vernunft sondern das Licht von Okkultismus und Esoterik.  1785 in Paris lernt er auch das Gefängnis der Bastille kennen. Er kommt wieder frei, doch mittlerweile ist sein Erfolgskurs am Ende, zu viele faule Zauber hat er begangen, die ans Licht kommen, seine Freunde wenden sich von ihm ab, er kehrt zusammen mit Lorenza nach Rom zurück, diese zeigt ihn jedoch ohne Zögern beim Heiligen Amt an. Am 7.April 1790 wird er wegen Freimaurertums, Häresie und aufrührerischen Tätigkeiten zum Tode verurteilt. Er zeigt sich reumütig und die Strafe wird in lebenslängliche Haft umgewandelt, am 21.April 1791 bringt man ihn von Castel S. Angelo zur Rocca von S. Leo, zuerst in die Schatzzelle, doch schon bald in die sicherere Zelle des kleinen Brunnens, wo er am 26.August 1795 stirbt