EIN EINZIGARTIGER ORT, EIN PHANTASTISCHER RUNDGANG

1 – DIE REISE

Jeder, der sich auf einen Weg begibt, sollte sich fragen: welchen Landstrich durchquere ich eigentlich? Wo sind meine Bezugspunkte? Ein Fluss ist einer von diesen, denn der Wasserstrom gibt die Richtung an, zeigt einen Weg, weist auf ein Tal hin.

Wenn Du, Reisender, bis hierher gekommen bist, ist das auch darauf zurückzuführen, dass andere Wegstrecken in diesen Tälern zwischen der Romagna und den Marken gezeichnet haben. Es ist ein Gebiet, das das Aufeinandertreffen der Menschen erleichtert: die Landschaft, die Dich umgibt, ist ausgedehnt, sanft, mit sich auf Lehmschichten stützenden Felsen, die im Lauf der Jahrtausende von einem Meer zum anderen gereist sind und das Marecchia-Tal mit dem Tiberina-Tal verbunden haben.

Ein Landstrich, wo im Lauf der Jahrhunderte mehrere Völker verweilten, wie die  Villanovaner, Vorläufer der Etrusker, die Römer, die Gallier, bis zu den Adelsfamilien des 16. Jahrhunderts, die Herzöge der Carpegna. sowie Dichter wie Dante Alighieri, Ezdra Pound, Tonino Guerra, Heilige wie Leone, Marino, Franziskus, Feldherren wie Uguccione della Faggiola, Sigismondo Malatesta und Federico da Montefeltro, Persönlichkeiten wie Giotto, Cagliostro, bis zum Papst Clemens XIV.

Auf den Spuren dieser Menschen sind die Wege entstanden, die Felsen, Schlösser und Wälder miteinander verbinden und Dich während der aufregenden Rundreise durch Geschichte und Legenden sowie wertvolle Natur- und Kunstlandschaften führen werden. Daher erwartet Dich eine phantastische Wegstrecke auf diesem Kamm der Apennin-Gebirges, dessen Höhepunkt die Alta Via dei Parchi ist, wo man die Adria und das thyrrenische Meer sieht, zwei Meere, eine einzige Welt.

FELSEN, SCHRATTEN UND SANFTE PROFILE… EIN LIEBENSWERTER KONTRAST!

Wenn Dein Blick zum Horizont schweift, wirst Du Dich fragen, wie diese Kontraste mit isolierten Gipfeln, Gesteinen, die sich wie Steinwellen auf dem saftig grünen Meer der Landschaft erheben, entstanden sind.

Wir versuchen diese Fragen zu beantworten, indem wir das uns umgebende Panorama betrachten, das aus Hügeln besteht, auf denen sich steile Felsen erheben, so wie jener von San Leo, steinige Kämme wie jene der Tausani, Lehmmäntel, die auf den Schultern der auf die Adria blickenden Kalkfelsen ruhen. Was ist passiert? Was ist das für ein Mantel, der im Lauf der Zeit die Landschaft dieses herrlichen Landstrichs Italien umhüllt und gezeichnet hat?

Die Kolter ist ein lehmartiger Boden, der aus vielen kleinen “Splittern” zu bestehen scheint, mit denen sich Felsenteile verschiedener Art vermischt haben.Diese Ablagerungen setzten sich lange vor unserer Zeit vor 100 bis 60 Millionen Jahren (Kreidezeit) auf den Gründen eines ligurisch-piemontesischen  “prähistorischen Meeres“ ab.     

Stell Dir also diese Zeit vor, als die Pangäa mittlerweile schon fragmentiert war. Auf den aufgestiegenen Landmassen hatte schon der Untergang der Dinosaurier begonnen und es gab einen großen Wettstreit zwischen den ersten Vögeln (Cousins des Archaeopteryx) und den “alten” Pterosauriern; außerdem gab es, seit etwa 30 Millionen Jahren, die Angiospermen, d.h. Pflanzen, deren Fortpflanzung mittels der Blüten erfolgt.

Dieser dichte Mantel, Ligurische Kolter genannt, um an das weit entfernte Ursprungsgebiet zu erinnern, ist nach und nach zur Adria gerutscht. Der Abschluss des Meeres, wo er entstand und die Erhebung der Apennin-Kette verschoben diese Matratze aus splitterigem Lehm nach Nord-Osten, dies in einem Zeitraum von 60 Millionen Jahren und über eine Strecke von 200 km.

Damit man eine Vorstellung vom geologischen Prozess der Tertiärzeit in diesem Gebiet bekommt, stelle man sich eine riesige Form romagnolischer Polenta mit groben Wurststücken darauf vor, die man langsam auf einer geneigten Platte rutschen lässt: einen solchen Vorgang bezeichnet man als gravitative Massenbewegung.

So erreichten unsere splittrigen Lehmmassen im Lauf der Pliozänzeit (vor 5 Millionen Jahren) die padanisch-romagnolische Grenze. Die sich im flüssigeren Lehmmaterial befindenden Felsenmassen, epiligurische Platten genannt, rutschten Richtung Meer ab, wie es bei der Polenta mit den Wurststücken geschehen würde: Verucchio, Torriana, San Leo, M. Titano RSM, Majoletto, Pennabilli, M. Carpegna, die Sassi Simone und Simoncello, einige davon mit dem schwereren Bereich auf das Meer gerichtet, wobei der hintere Mantel in einigen Teilen im Lauf der Zeit tiefe Schratten entstanden.

Die Orte, die Du beschreitest, wurden somit von der tausendjährigen Kunst geformt, die nur Mutter Natur vollbringen kann, indem auf gekonnte Weise die Welt der Mineralien und der Pflanzen verflochten werden, um eine dermaßen einzigartige und nicht nachahmbare Landschaft zu erschaffen.

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„Reisen lehrt Orientierungslosigkeit, sich im Leben immer als Ausländer zu fühlen, auch zu Hause, aber Ausländer unter Ausländern zu sein, ist vielleicht der einzige Weg, wirklich Brüder zu sein. Deshalb sind Menschen das Ziel der Reise“.

Carlo Magris – Ein Nilpferd in Lund: Reisebilder

3 – GEOLOGIE

Der Blick folgt dem Profil von Kalksandsteinfelsen, Gipslandschaften (mit oberflächlichem und tiefen Karstformen) eine regelrechte Steinverschanzung eingebettet in lehmige Wellengebilde beim rechten Nebenfluss des Marecchia, vom Talboden bis zum Felsen von  San Leo, gipfelnd in den Anhöhen der Berge Fotogno, Gregorio, Tausano und San Severino.

Es erheben sich die nach San Marino benannten Felsengebilde, welche aus grauem organodetritischem Kalkstein und weiß-grauem Kalksandstein, der reich an Bioklasten ist, bestehen. Die grauen organodetritischen Kalksteine bestehen aus Fragmenten oder integralen Resten von Moostierchen, Kalkalghen, Rhodolithen, Seeigeln, Weichtieren (insbesondere Austern und Pektiniden) sowie Makroforaminiferen. Die weniger kohlensäurehaltigen und sandigeren Ebenen sind häufig von zahlreichen fossilen Spuren gekennzeichnet. Die Schichtung ist konkav-konvex, manchmal parallel, gewellt und überkreuzt mit fossilen Eindellungen von Meeressedimenten: diese Strukturen weisen auf eine bei wenig tiefen Meeresböden erfolgte Ablagerung hin, die den Gezeiten, Küstenströmen und Sturmwellen ausgesetzt waren.

Zusammen mit dem Felsen von San Leo sind sie Beispiele des typischen Landschaftsdualismus der Val Marecchia, wo die Kontraste der Erodierbarkeit zwischen den ligurischen lehmartigen Formationen, die Basis der Felsen und Strebepfeiler sind, und den kompetenteren Felsmassen der epiligurischen Formationen zur Bildung isolierter Anhöhen führen, die oft von subvertikalen Böschungen begrenzt werden Die Felsen erheben sich mit beachtlichem Elan über die umliegenden Hänge mit geringer Steilheit,die von Furchen und Erdrutschen geprägt sind.

4 – DIE ROMAGNA ZANGHERIANA

Wie viele Menschen können von sich sagen, sie haben aus Liebe zu ihrem Land gelebt? Wie viele kennen ihr eigenes Land eigentlich richtig?

Es gibt eine Person, die Dich vielleicht gerne getroffen hätte, die gerne jeden Besucher empfangen hätte, der, so wie Du, diesen Teil Italiens erreicht, dem sie ihr Leben gewidmet hat.  

Diese Person ist Pietro Zangheri (Forlì 1889) der in einer Zeitreise von fast 100 Jahren (er stirbt im ehrwürdigen Alter von 94 Jahren) sein Leben seinem Land, der Romagna, gewidmet hat, wobei er sein Augenmerk vor allem darauf richtete, die Naturgeschichte über die Studie der zahlreichen Lebensformen und Fossilien und der Gebietsevolution zu verstehen.Pietro Zangheri, ein unermüdlicher Reisender, hat hunderte von Exkursionen gemacht, tausende naturalistische Fundstücke gesammelt und mehr als zweihundert Arbeiten zu den verschiedensten Fachbereichen der Naturwissenschaften veröffentlicht. Diese Fundstücke werden heute im Palazzo Pompei als Sektion des städtischen Naturkundemuseums von Verona aufbewahrt (https://www.pietrozangheri.it/). Bei seinen Erkundungen hat er die Grenzen der Romagna überquert, hat diese neu definiert, ein Gebiet das über die administrativen Grenzen hinaus geht, über die Provinzen der Romagna bis zu den Provinzen von Bologna, Ferrara, Florenz, Arezzo, Pesaro.

Die Wassereinzugsgebiete der Flüsse Marecchia und Conca gehören zur sogenannten Romagna Zangheriana. Als aufmerksamer Beobachter vertieft er das Territorium der biogeographischen Romagna und stellt es in einem großen Modell dar, das in Santa Sofia untergebracht ist, innerhalb des Palazzo Nefetti, dem Sitz der Gebietsgemeinschaft des Nationalparks der Foreste Casentinesi, Monte Falterona und Campigna (https://www.pietrozangheri.it/il-plastico-della-romagna/). Es ist ein großes Viereck von etwa 6.400 Km2 und beinhaltet den gesamten südöstlichen Teil der padanischen Landesebene. Die Anerkennung der Identität des romagnolischen Territoriums, wie es von Zangheri hervorgehoben wurde, findet sowohl unter geologischem Gesichtspunkt eine Bestätigung, sowohl aufgrund der sandig-mergeligen Morphologie innerhalb der Ränder von zwei splittrigen Lehmmassenbewegungen, als auch in klimatischer und vegetationsbezogener Hinsicht. Zangheri behandelt mit der Präzision für die er bekannt ist, die botanische Erkundung, die Auflistung der Flora, die Beschreibung der Vegetation mit den damals geltenden Methoden, schließlich geht er auch auf die Phytogeographie und die Genese des Pflanzenbestandes ein. Es ist eine wissenschaftliche Reise in die natürliche Identität eines Gebietes.

5 – EINE REISE IN DIE ARTENVIELFALT

Wenn Du bis zum Gipfel von San Leo gekommen bist, dann hast Du Jahrtausende später die Wege befolgt, die von Pilgern und Wanderern auf den Spuren des Heiligen Franziskus und von Dante begangen wurden, wenn man noch weiter kommen möchte, geht es noch höher, indem man den Wegen folgt, die zur hohen Park-Straße führen, wobei man zahlreiche Schutzgebiete durchquert: 

Valmarecchia

Interregionale Parke: Sasso Simone und Simoncello

ZSC-ZPS

IT4090002 – Torriana, Montebello, Fluss Marecchia

IT4090004 – Monte S.Silvestro, Monte Ercole und Gipslandschaften der Gessi di Sapigno, Maiano und Ugrigno

IT4090003 – Felsen und Gipslandschaften der Valmarecchia

IT4090005 – Fluss Marecchia in Ponte Messa

IT4090006 – Westliche Hänge des Monte Carpegna, WildbachMessa, Poggio di Miratoio

Fauna-Naturschutzoasen: Torriana und Montebello

Fluss Conca

IT4090001 – Onferno

Regionales Naturschutzgebiet: Onferno

Geschützte natürliche und naturnahe Landschaft: Wildfluss Conca

Die Anzahl der Schongebiete (12.746 ha, das entspricht 15% der Provinzoberfläche) unterstreicht die hohe Artenvielfalt dieser Orte im südlichen Teil der Romagna Zangheriana, welche von den Wassereinzugsgebieten der Flüsse Marecchia und Conca besetzt ist.

Warum aber gibt es diese Artenvielfalt?

Das Valmarecchia-Gebiet stellt eine geographische Schnittstelle in Hinsicht auf die Verbreitung der kontinentalen Arten dar (eurosibirische Region), die hier ihren südlichsten Gebietsstreifen hat und der mediterranen Arten, die in diesem Landstrich ihre nördlichste Ausbreitung haben.

Es gibt zahlreiche Pflanzen, die man als Anzeichen für die Klimaschwelle der Vegetation betrachten kann, welche das Marecchiatal darstellt. Es handelt sich um Pflanzenarten, die einerseits aus dem Norden stammen und um andere, die wiederum eine südliche Herkunft haben. Zu den ersten zählen eurosibirische Pflanzen, südwesteuropäische sowie endemische aus dem nördlichen Apennin; zu der zweiten Gruppe zählen endemische Pflanzen des zentralen Apennins und andere, die auch in der balkanischen Halbinsel und in Mittel-Osteuropa verbreitet sind.

Was die Fauna anbelangt…es gibt 15 Fischarten, 13 Amphibienarten, 14 Reptilien, 116 Brutvogelarten und 245, die in den verschiedenen Phasen ihres Lebens hier auftreten (es ist zu beachten, dass die Vogelmigrationen hier von der nicht übermäßigen Höhe der Apenningipfel begünstigt wird), 38 Säugetierarten, um nicht von den wirbellosen Tieren zu sprechen, bei denen bei den laufenden Forschungstätigkeiten immer wieder neue Arten entdeckt werden. In Hinsicht auf die Vögel wurden der Marecchia und der Conca vom Nationalen Institut für Wildfauna (jetzt ISPRA) zu Migrationslinien von nationaler Wichtigkeit erklärt.

Das Thema der Reise, des Weges durch den Raum, die Zeit und die Schönheit erneuert sich. Dieser Landstrich wurde seit Jahrhunderten nicht nur von den Migrationsvögeln durchquert, sondern auch von den Menschen und seit jeher genutzt, ihre Unsterblichkeit liegt in den Renaissancelandschaften von Piero della Francesca und Leonardo da Vinci bis hin zur “Welt” von Tonino Guerra.

6 – DIE VEGETATION

Das sich am Fenster eröffnende Bild zeigt die Vegetation der Felswände, die von Pflanzen mit kräftigen Wurzeln bewachsen sind, welche von Natur aus dazu neigen, innerhalb der Felsenspalten zu wachsen (kasmophytische Vegetation). Es sind Arten von beachtlicher regionaler Unterschiedlichkeit, aufgrund der großen Anzahl endemischer Arten. Teucrium flavum, Ceterach officinarum, Asplenium trichomanes, Asplenium ruta-muraria, Polypodium cambricum, Asplenium scolopendrium, Cheilantes persica. Es handelt sich um litophile Pflanzengesellschaften, d.h. sie gehören den Kliff-Felsen an, welche nie voll der Sonne ausgesetzt sind, längs der nördlichen Anhänge, Schluchten, Doline, Felsenzugänge zu Karstbrunnen und Grotten, charakterisiert von verschiedenen Farnpflanzen (Farnkraut) sowie Moosen und Flechten.

Dann sieht man die Wiesen auf den Gipfeln, welche sich auf mehr oder weniger ebenen Flächen befinden, zwischen dem einen und dem anderen Steilhang. Allem voran ist hervorzuheben, dass diese Wiesen und Weiden sekundären Ursprungs sind, sie entstanden aufgrund der Zerstörung des Waldes zu landwirtschaftlichen Zwecken und wurden in der Folgezeit sich selbst überlassen. Trotzdem haben einige von ihnen ein natürliches Aussehen angenommen, mit der Bildung kompakter Grasnarben, wobei Arten der schon in den Lichtungen, zwischen den Felsen und auf den steinigen Hängen wachsenden Grasflora übernommen wurden.

Der meistverbreitete Vegetationsmantel ist von Wäldern in verschiedenen mediterranen Varianten gekennzeichnet, es dominiert die Sommereiche (Quercus ilex), einschließlich der Vegetationsarten der hohen Macchia. Phillyrea angustifolia, Phillyrea latifolia, Pistacia terebinthus, Rhamnus alaternus, Ruscus aculeatus, Smilax aspera, Osyris alba, Pyracantha coccinea, Asparagus acutifolius, Rubia peregrina, Clematis flammula, sind die häufigsten und typischtesn Arten. Weiterhin gibt es Wälder mit einer Dominanz an Flaumeichen (Quercus pubescens) mit Manna-Eschen (Fraxinus ornus), welche im strauchartigen Bereich geprägt ist von Clematis flammula, Lonicera etrusca, Chamaecytisus hirsutus und Phillyrea latifolia, und im Grasbereich von Teucrium chamaedrys, Silene nutans, Peucedanum cervaria (Peucedano cervariae Quercetum pubescentis). Die Assoziation Roso sempervirentis-Quercetum pubescentis, ist noch thermofiler und unterscheidet sich durch Rosa sempervirens, Rubia peregrina, Clematis flammula, Lonicera implexa, Lonicera etrusca 

7 – DIE LANDSCHAFT; EINE REISE IN DIE NACHHALTIGE SCHÖNHEIT

Wenn man sich das umliegende Land und die bebauten Felder ansieht, die den Rücken der Hügel säumen, wird man die Zeichen einer regen Landwirtschaft bewundern können. Unsere Vorfahren waren bis zur industriellen Revolution von den Ernten abhängig. Sie mussten Bewusstheit darüber haben, wie die nächste Ernte sein würde, denn es hängte von ihr ab, ob sie viele Dinge tun konnten oder nicht. In gewisser Weise diktierte die Natur die Gesetze der Wirtschaft, bevor die industriellen Revolutionen unseren Planeten und unser Verhältnis zur Natur verändert haben. Während des 20.Jahrhunderts und auch später hat diese Vision die Umsetzung von großen Verunstaltungen begünstigt, um einerseits eine “Vermenschlichung” der Umwelt und andererseits eine Vermehrung von Gütern und Dienstleistungen zu erzielen. Auch in den Gebieten Valmarecchia und Val Conca hat dies in der Vergangenheit zu Ausgrabungen im Flussbett geführt, zu Industriegebieten in den Flussbiegungen, doch ist es glücklicherweise in den letzten Zeiten zu einem Richtungswechsel gekommen, wobei man das Territorium als ein Gut der Gemeinschaft ansieht mit daraus erfolgender Aufwertung des hydrogeografischen und umweltbezogenen Kapitals. Man nehme als Beispiel den Monte Carpegna (1415), Mittelpunkt eines herrlichen und einzigartigen Interregionalen Parks, mit seinen Wäldern, mit seinen Weiden und allen nachhaltigen agro-ambientalen Tätigkeiten, d.h. solchen, die keine negativen Auswirkungen auf die Ressourcen haben, sondern diese begünstigen. Dieses ökologische System hat die Fähigkeit zu einer Wasserversorgung von etwa 100 Millionen mc Wasser pro Jahr beim Marecchiahang und 65 milioni di mc beim Hang des Conca. Insgesamt ist der Carpegna-Berg allein aufgrund seiner Leistung zur Wasserversorgung 165 Millionen mc/Jahr an Wasser wert. Wenn man dann talabwärts weitergeht in die Ebenen des Flusskegels vom Marecchia, zwischen Bellaria, Santarcangelo und Rimini, kann man herrliche Überraschungen entdecken. Nicht alle wissen, dass es in diesem Gebietsabschnitt ein mehrschichtiges unterirdisches Speicherbecken mit etwa 100 Millionen mc Wasser gibt, welches von dem geoökologischen in seiner Gesamtheit gefüllt wird, über das wir berichtet haben, wobei ein perfektes Gleichgewicht in Bezug auf Ausgeglichenheit und Kompensierung gibt. Daher erweist sich dieser die Meeres- und Berggebiete verbindende Landstrich immer faszinierender, sowohl was die Erdoberfläche als auch was den Untergrund anbelangt.

 8 – DIE LANDSCHAFT

Indem Du nun aus diesem Fenster blickst, wirst Du die außerordentliche Landschaft mit größerer Bewusstheit genießen können.

Wir haben den Ursprung des Berges verstanden und wie die Vegetation entstanden ist, sowie den Werdegang einer mühevollen Landwirtschaft, die der Natur ihren Raum überlassen hat.  Einst war das Gebiet mit Wäldern bedeckt, so dass Santegna wohl der Name des Waldes vor San Leo ist, von dem die Legende erzählt, die Kirche Sant’Igne sei nach ihm benannt worden. Im Lauf der Jahrhunderte wurde die ursprüngliche Bezeichnung dieses Ortes vom Namen der Tradition ersetzt, über die San Bonaventura in der Leggenda Maggiore berichtet, d.h. von der wundersamen Erscheinung des „heiligen Feuers“(ignis=Feuer), welches dem Heiligen Franziskus den zum Monte Feretrio führenden Pfad zeigte.

Auf dem Monte San Severino findet man wiederum eine der Stellen, die den Renaissancemaler Piero della Francesca inspirierte. Hier befindet sich ein Balkon, wo man das Panorama entdecken kann, das im Hintergrund des den Heiligen Hieronymus und einen Frommen darstellenden Gemäldes zu sehen ist: es handelt sich um eine Ansicht, die sich von der im Gemälde der Herzogin von Urbino gezeigten Landschaft deutlich unterscheidet, während bei der Herzogin ein Blickwinkel in Richtung der internen Anhöhen zu sehen ist, hat der Maler in diesem Fall den Blickwinkel um 180 Grad gedreht, und die Wellungen gezeigt,  die sich in Richtung der Adriaküste entwickeln. Wie Du siehst, hat Dich die Reise zu einem der faszinierendsten und eigenartigsten Orte unseres Landstrichs geführt, der aufgrund seiner Geschichte und Natureigenschaften einzigartig ist: nun bist Du bereit, einige der berühmten Reisenden kennenzulernen, deren Weg nach San Leo führte.

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„So gesegnet von Gott der Schönheit der Vielfalt der Üppigkeit, unter diesem Abstieg der Berge, die verteidigen, unter dieser Ausbreitung der Meere, die umarmen, unter diesem Anstieg der Hügel, die grüßen, unter dieser Öffnung der Täler, die lächeln“.

So beschreibt Giosuè Carducci die Region Marken in der Rede in Recanati am 29. Juni 1898 anlässlich des 100. Geburtstags von Giacomo Leopardi.